Freitag, 13. Mai 2016

Thay Phap Nhat über wahre Liebe - Thay Phap Nhat

Bettina F./ pixelio.de


Die vier Elemente wahrer Liebe

Wenn wir im Buddhismus über die Liebe sprechen, dann sagen wir oft, dass sie aus den vier unermesslichen Geisteszuständen gebildet wird. Dies bedeutet, dass es möglich ist den Geist der Liebe zu entwickeln. In der Entwicklung dieser vier unermesslichen Geisteszustände gibt es kein Ende. Diese vier Geisteszustände werden Maitreya (liebende Güte), Karuna (Mitgefühl), Mudita (Freude, Mitfreude) und Upeka (Einschießlichkeit, Gleichmut, Freiheit) genannt. Wir haben den Wunsch, unseren geliebten Personen Freude und Glück zu bringen; dies ist Maitreya. Der Wunsch alleine reicht aber nicht aus. Wir brauchen auch die Fähigkeit, tatsächlich Freude und Glück zu bringen. Um diese Fähigkeit zu entwickeln, müssen wir uns in tiefem Schauen üben, um die uns geliebten Personen wirklich zu verstehen. Wir müssen ihre tiefen Wünsche, ihr tiefes Bestreben verstehen. Wir müssen tief schauen, um auch ihr Leiden verstehen zu können. Mitgefühl zu haben bedeutet nicht nur, das Leiden der Menschen verringern zu wollen, sondern auch die tatsächliche Fähigkeit, dies zu tun. Wie können wir unsere Liebe tiefer werden lassen? Wir müssen lernen, tief zu schauen. Wie können wir tief in die Dinge schauen und in die Personen, die wir lieben? Dafür brauchen wir die Meditation. Wir müssen lernen, wie wir vollkommen präsent sein können, und wie wir die Energie der Achtsamkeit entwickeln können.


Der Ozean und der Wassertropfen


Wenn wir unsere Hände waschen, dann können wir beobachten, wie die Wassertropfen herunterfallen. Jeder dieser Tropfen fließt dann durch das Abflussrohr und gelangt schließlich zu den Wasserleitungen unter der Erde. Dort verbindet er sich mit dem Wasser in der Leitung. Es ist dann kein Wassertropfen mehr zu sehen; er hat sich in dem Wasser aufgelöst.

Stellen wir uns einmal vor, dass wir einen großen Ozean sehen sowie einen Regentropfen, der im Begriff ist auf die Oberfläche des Ozeans zu fallen. Im Moment besteht aber noch ein Abstand zwischen dem Wassertropfen und der Wasseroberfläche. Der Regentropfen fällt nun herunter, und in dem Moment, in dem er die Wasseroberfläche erreicht, verschwindet er. Er verliert sein Selbst. Er löst sich in dem Wasser des Ozeans auf. In der Liebe ist es genauso. Wir verlieren unser Selbst und gelangen zur Selbstlosigkeit. In dem Moment sind wir selbst der Ozean, wir sind kein Wassertropfen mehr. Dieser Ozean ist Gott. Die Liebe Gottes ist sehr groß, und wir als Menschen können diese Liebe erfahren, wenn wir in der Lage sind unser Selbst zu verlieren. Wir verschmelzen mit dem Ozean, wir lösen uns auf. Aus der Sicht des Tropfens sieht es so aus, als ob der Tropfen sich im Ozean auflöst. Sind wir allerdings selber der Ozean, so sieht es für uns so aus, als ob der Ozean sich in dem Tropfen auflöst und mit ihm verschmilzt. Es ist dann kein Tropfen mehr da und auch kein Ozean. Übrig bleibt nur die Liebe.

Solange der Tropfen sich noch auf dem Weg des Herunterfallens befindet, solange also noch ein Abstand zwischen ihm und dem Ozean besteht, solange sehen wir noch seine Identität. Er befindet sich aber bereits auf dem Weg, sich mit dem Ozean zu verbinden und sich in ihm aufzulösen. Wenn wir fallen, dann ist es sicher, dass wir weiter fallen und an der Wasseroberfläche angelangen werden. Aber solange sich der Tropfen noch auf dem Weg befindet, ist sein Identität noch vorhanden. Auf dem Weg verkürzt sich der Abstand zum Ozean immer weiter, und auf diesem Weg entwickeln wir die „tiefe Liebe“. Wenn die tiefe Liebe sehr tief ist, dann liegt sie sehr nahe bei der wahren Liebe, der Liebe Gottes. Deshalb hat Jesus uns geraten, unsere Nachbarn zu lieben.

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